Fluss-Schweben
Ich erinnere mich.
Wieder sitze ich entspannt auf dem blauen Sofa auf der Steuerbord-Seite der Serena, ein dickes Kissen auf dem Schoss, und staune still aus dem Fenster. Das Hausboot gleitet langsam die Saône hinauf, leise brummt der Motor. Die Ruhe überkommt mich so vollständig, dass ich beinahe in die Kissen schmelze. Und in den dramatischen Himmel hinter dem flammenden Herbstrot des Uferwaldes. Und in die strudelnden kleinen Wellen, die der Kiel hinter sich herzieht. Ich hebe leicht den Kopf und schon fliege ich mit der Schar Kormorane flussaufwärts.
Leicht fühle ich mich, völlig in mich versunken und doch hellwach und präsent. Der Stift fliegt Zeile um Zeile über das Blatt, sobald ihm mein Blick eine stabile Richtung gibt. Die Hand entspannt, der Kopf frei – die Seiten füllen sich mit Gedichten, Gedankensplittern und Text-Fragmenten.
Ich schwebe in der Zwischenwelt zwischen Ufergrün und Wellenblau.
© Kerstin Heine (Januar 2021)